Plötzlich.


Plötzlich.
Plötzlich.
Roman
208 Seiten
12 × 20.5 cm
April 2021
Reihe: Caracol Prosa, Band 4
978-3-907296-06-6
  • 24 CHF
  • 24 €
Lieferbar

In ihrem zweiten Roman bringt Silke Amberg drei Personen zusammen, die abwechselnd, aus verschiedenen Perspektiven, durch die Geschichte führen.
Fabienne, Redaktionsleiterin bei einem Lehrmittelverlag in Cambridge, erwartet ihr erstes Kind. Mario, als Filmemacher freier Mitarbeiter beim WDR in Köln, soll noch vor der Geburt zu ihr nach England ziehen. Im Moment, da die beiden zur Familie werden, kippt das Gleichgewicht ihrer Fernbeziehung, denn Mario sieht sich gezwungen, seine Heimat, seinen Job und seine Freunde zu verlassen. Damit hatte er nicht gerechnet, darüber wurde nicht rechtzeitig gesprochen. Ausserdem möchte Mario nach langer Zeit wieder mit der Tochter aus seiner früheren Beziehung Kontakt aufnehmen. Die bevorstehende Geburt seines zweiten Kindes lässt ihn spüren, wieviel er damals verpasst hat.
Fabienne ist in Cambridge auf sich gestellt und fühlt sich allein gelassen, während Mario sich in ein letztes Filmprojekt verbeisst. – Eine Freundin berichtet der Hochschwangeren am Telefon etwas, was Fabienne kaum glauben kann.
Auch Hanna, die dritte Stimme in diesem raffiniert konstruierten Roman, hat private Probleme, steht an einem Wendepunkt und kämpft mit Zweifeln.
In einer emotionalen Sprache zeigt Silke Amberg das aufgewühlte Seelenleben ihrer Figuren. Drei Menschen, die einander suchen, zusammen- und voneinander abprallen wie Billardkugeln.

Textauszug

Fabienne, 12. Mai, Dienstagabend

Fabienne saß immer noch auf dem Mäuerchen ihres Vorgartens. Lange war ein Bild nach dem anderen durch ihren Kopf gerast. Mario mit einer anderen Frau, die natürlich an Schönheit, Intelligenz und Jugend von niemandem übertroffen werden konnte.
Dann wieder Mario mit ihr. Erinnerungen an Streitigkeiten der letzten Monate. An all die Probleme einer Fernbeziehung. All das hatte in ihr getobt.
Dann hatte das wilde Wüten plötzlich geendet, alle Bewegung in ihr war erstarrt. Und es blieb nichts weiter als Leere, in der ein stummer Schrei verhallte. Dieses Nichts war weitaus erschreckender als die Fülle an Fantasien, die sie zuvor fast erschlagen hatte.
Lange saß sie in sich zusammengesunken auf dem Mäuerchen. Doch dann setzte sie sich gerade hin, schaute entschlossen auf die Haustür. […]

Hanna, 7. Mai, Donnerstag

Den ganzen Nachmittag rotierte Hanna. Endlich kam die Mutter. Hanna platzte sofort mit ihrer Frage heraus. «Hast du Briefe abgefangen? Von Mario?»
Die Mutter wurde weiß und schwankte. Schaute auf den Teppich. Es gab eine lange Pause. Dann sagte sie: «Ja. Aber du solltest mir dankbar sein dafür.»
«Dankbar?»
Hannas Stimme überschlug sich. Sie hob Marios Brief hoch, ihren kostbaren Schatz. Dann drehte sie sich einfach weg, ging in ihr Zimmer. Mit der Hand an der Klinke wendete sie sich kurz um.
«Du wirst uns nicht weiter im Weg stehen.»
Sie ging in ihr Zimmer. Schloss ab.
In diesem Moment trennte sich Hanna von ihrer Mutter.
Sie ignorierte ihr Klopfen. Ihr Rufen. Und Reden. Sie ignorierte es einfach. Nein, einfach war es nicht. Aber sie ignorierte es.
Sie würde Mario treffen. Noch diese Woche.

LeserInnen Stimmen

«Plötzlich» von Silke Amberg habe ich sehr gerne und mit grossem Mitgefühl gelesen; es hat mich zu vielen Gedanken auch zu meinem Leben angeregt und vor allem die Struktur mit den tagebuchartigen Texten in unterschiedlicher terminlicher Abfolge und als unzuverlässige Erzählung finde ich grossartig! Ich erfahre jeweils, wie sich das, was eine Person an einem bestimmten Datum erlebt, aus der Sicht der anderen Person abgespielt hat. Das finde ich ganz toll gemacht! Es ist ein wichtiges Buch zum Thema «Kinder bekommen» und «Rollen von Mann und Frau».
Silke Amberg gelingt immer wieder eine wahnsinnig schneidende Sprache – Sätze und Wörter, «die auf einen selbst einschlagen», wie Hanna in «Plötzlich» sagt.

  • Roland Lötscher

Ich hatte sehr viel Spass beim Lesen und habe die Seiten innert wenigen Tagen verschlungen. Die Autorin hat durch ihre unkonventionelle und lebendige Wortwahl ein echtes und fast schon filmartiges Leseerlebnis erschaffen. Wie Situationen und Gefühle beschrieben wurden, gefiel mir sehr, man konnte sich den Stress oder auch die Freude der drei Charaktere gut vorstellen und mitfiebern.
Den Verlauf der Geschichte aus den Köpfen und Herzen der drei miteinander verknüpften Personen zu erleben, war fesselnd. Auch Silke Ambergs clevere Entscheidung, mit Zeitsprüngen zu arbeiten, sorgte bei mir als Leserin für Stress (im positiven Sinne), da man als Leser manchmal richtigen Zeitdruck empfand.

  • Annina Wickli

Ich habe «Plötzlich» verschlungen! Sehr gelungene und tolle Perspektivenwechsel in männliche und weibliche Figuren, gute Spannung von Anfang bis Ende, komplexe Beziehungsverhältnisse, die sich immer wieder verstricken und weiterentwickeln. Auch meine 21-jährige Tochter hat den Roman kaum mehr weggelegt, obwohl sie normalerweise nicht so gerne liest.

  • Isabelle Chariatte

Man hat am Anfang ein völlig anderes Bild von Mario und leidet mit der Protagonistin mit und dann plötzlich stellt sich doch alles anders dar. Das ist clever aufgebaut. Silke Ambergs Roman ist sehr interessant konstruiert mit verschiedenen Zeitebenen und Personen. Das Buch hat Pageturnerqualität und hat uns nicht mehr losgelassen.

  • Caroline Daumen
  • Arndt Daumen

Nach der Lektüre des ersten Buches «Ich gehe» von Silke Amberg war ich sehr gespannt auf das neue Werk. Ich habe auch dieses Buch sehr gerne gelesen. Silke Amberg experimentiert und spielt mit Sprache. Fast bekommt man Atemnot, wenn Fabiennes Gefühlsleben explodiert oder Hanna am Verzweifeln ist. Der dynamische und kraftvolle Schreibstil hält die Spannung bis zum Schluss.

  • Birgit Schröder