Wortein wortaus


Wortein wortaus
Wortein wortaus
Gedichte
Herausgegeben von: Irène Bourquin
104 Seiten
12 × 20.5 cm
August 2023
Reihe: Caracol Lyrik, Band 12
978-3-907296-26-4
  • 20 CHF
  • 18 €
Lieferbar

Wortein wortaus – dieser Titel ist mehrdeutig: Er weist darauf hin, dass Erica Engeler seit Jahrzehnten tagein, tagaus leidenschaftlich mit dem Wort beschäftigt ist, tönt aber auch an, dass das Wort sich verweigern kann.
Geboren im Urwald der argentinischen Provinz Misiones und dort naturverbunden aufgewachsen, ist die Autorin in jungen Jahren zurückgekehrt in die Schweiz, die Heimat ihrer Eltern, wo sie zeitweise als Übersetzerin arbeitete. Ihr Leben war immer auch ein Leben in der Sprache, in zwei Sprachen: Spanisch und Deutsch. Lyrik schreibt sie in beiden Sprachen, wobei auch inhaltlich Varianten eines Textes entstehen. Dieser Zweisprachigkeit gilt das erste Kapitel Flüchtiges Traumgut.
Das zweite Kapitel, Unterwegs bin ich alles, zeigt die intensive Beziehung der Autorin zur Natur, zu anderen Lebensformen, zu allem, was ist.

Worttrommel heisst das dritte Kapitel. Das Wort, die Sprache, ihre Bedeutung für die Menschen, Schreiben und Lesen sind in Erica Engelers Lyrik auch selbst zum Thema geworden. Was aber geschieht, wenn sich die Sprache dem Kopf der Schreibenden phasenweise entzieht, wenn das Wort sich verweigert? Dafür hat die Autorin in ihren neuen Gedichten ebenso berührenden wie klaren Ausdruck gefunden.
Was immer bleibt: die Begegnung mit der Natur, den Jahreszeiten, mit Wasser und Wind, Tieren und Pflanzen, Licht und Dunkel, Wärme und Kälte, mit Bildern und Klängen. Wer naturverbunden aufgewachsen ist, kann sich auch ohne Sprache geborgen fühlen – und dies später doch wieder in Worte fassen.
Zum speziellen, philosopischen Gegenüber wird Erica Engeler der See, dessen verschiedende Stimmungen sie im Kapitel Wellenpartitur in einer Reihe von Gedichten spiegelt.

Textauszug

Aus dem Kapitel «Flüchtiges Traumgut»

Dieser Singsang, der sich
aus allem erhebt,
der steigt und fällt und
unermüdlich
neu beginnt.

*

Esta suave cantiga
que se desprende
de todo y no se cansa
de empezar y volver
a empezar.

Aus dem Kapitel «Unterwegs bin ich alles»

Unterwegs bin ich alles,
was ich sehe, Licht und Dunkel,
Wald und tiefes Wurzelwerk,
wie auch Vögel und Schnecken
am Wegrand. Unterwegs bin
ich Erde, die daliegt und sich
mit allem vermengt.

Aus dem Kapitel «Worttrommel»

Gedanken leuchten auf
und verschwinden spurlos,
bevor man sie fassen kann.
Es ist unmöglich, sie zu verfolgen,
wie auch der Blitz
keine Spur hinterlässt.

Aus dem Kapitel «Wellenpartitur»

Das Wasser schlägt unermüdlich seine
Morsezeichen gegen die Strandmauer.
Immer noch Analphabetin, lese ich
mit den Sinnen den Algengeruch,
die Möwenschreie, das Sommergefühl.

Dieses Buch wurde gefördert von

  • Kanton St.Gallen, Amt für Kultur, Kulturförderung
  • Stadt St.Gallen, Kulturförderung